Weil er
unter der Last
seiner Ketten
zusammengebrochen war,
wurde er
„auf der Flucht erschossen“.
(Slov ant Gali)
Weil er
unter der Last
seiner Ketten
zusammengebrochen war,
wurde er
„auf der Flucht erschossen“.
(Slov ant Gali)
Gerade wer gegen Regeln verstoßen möchte, sollte sie kennen.
Da Lyrik mit Klang zusammenhängt...
steigender u. fallender Rhythmus:
1. aufsteigende Sprechtakte (Glieder): xx
(Heine,Traumbilder)
Was treibt / und tobt / mein tolles / Blut?
Was flammt / mein Herz / in wilder / Glut?
2. absteigende Sprechtakte (Glieder): xx
Füllest / wieder / Busch und / Tal
3. auf- und absteigende Sprechtakte (Glieder): xxx
(Kuba, Bauhebe)
In Waage / und Winkel / und Lot ist das / Haus.
Heut gehen die / Maurer / und Zimmerleut / aus.
Taktgeschlecht:
1. zweisilbige Takte dominieren (gerades Taktgeschlecht, ‘Zweivierteltakt’):
Anmut / sparet / nicht noch / Mühe
auch mit Auftakt:
Es / schlug mein / Herz, ge-/schwind zu / Pferde
auch bei freier Füllung. Takte mit mehr als zwei Silben:
(Goethe, Erlkönig)
Wer / reitet so / spät durch / Nacht und / Wind?
noch freier und bewegter beim Knittelvers:
(Goethe)
Wer ge-/ringe / Ding / wenig / acht’t,
Sich / um ge-/ringere / Mühe / macht.
2. abgestufte Hebungen (1. Tonsilbe der 2. übergeordnet):
Eins, zwei, drei, vier, / fünf, sechs, sieben,
Eine Bauers-/Frau kocht Rüben…
3. dreisilbige Takte dominieren (daktylische Verse, ‘Dreivierteltakt’):
Anke von / Tharaw öß, / de my ge-/föllt,
Se öß mihn / Lewen, mihn / Goet on mihn / Gölt.
auch mit eingeschobenem zweisilbigen Takt:
(Mühsam, Zum Beginn)
Wollt ihr die / Freiheit, so / seid keine / Knechte!
Wollt ihr das / Glück, so / schaffet das / Rechte!
Wollt ihr die / Früchte, so / akkert die / Saat!
Wollt ihr das / Leben, so / leistet die / Tat!
4. dreisilbge. Takte dominieren, Haupt- u. Nebenhebgn. (‘schwere daktylische Verse’):
(Volkslied)
Mein / Schatz ist ein / Schneider,
Ein / Schneider muß / sein.
auch mit unterschiedlicher Silbenlänge ( 2 : 1 : 1 ):
(Goethe, Egmont)
Freudvoll und / leidvoll, ge/dankenvoll / sein;
Hangen und / bangen in / schwebender / Pein
Himmelhoch / jauchzend, zum / Tode be-/trübt;
Glücklich al-/lein ist die / Seele, die / liebt.
Aus den Rauchringen
des in versmogter Zeit
verkohlenden Geistes
berge ich tränenden Auges
Laub
ungekeimter Bäume.
Im Halbschlaf
peitsche ich den spukenden Stumpf,
den der Sturm
aus dem Ufersand riss,
mit dem Garn,
das keinen Ausweg weist.
Unter der Maske des Clowns
nehme ich Platz
auf hufzerwirbelten Sägespänen
bis zum Morgendunst,
streichle
mit schwebenden Händen,
unsichtbare Kinderköpfe
und borge mir
Vergessen.
(Slov ant Gali)
Am Teppich dem weichen
deute ich geheime Zeichen
an diesem Grunde mag es liegen
dass fremde Welten zu mir fliegen
Treib ich abends auf ihm Sport
versetzt mich das an einen Ort
der hier nicht, ist vielleicht im Morgen,
verjagt´s für den Moment mir Sorgen
will geldlos herrlich abgehoben
die ganze Welt von oben loben
schäume Bilder immer bunter
…
das Finanzamt holt mich runter
Eventgeschult
sehe ich
durch das Glas
meines Fensters
in den Zwillingstürmen
des neuen Jahrtausends
wie Jets
mit Banknotentragflächen
mir entgegen
düsen.
Ich
hauche nur
feuchten Atems
gegen die Scheibe.
Mein Welten komponierendes Hirn
findet keine Vernetzung
mit den Noten eines Liedes.
Rettungsfallschirme
aus Kampfanzugstoff
passen nicht zu mir
Ich suche den Fahrstuhl
der mich vor dem fernsehkalten Tag
in den Heizungskeller bringt.
Wer findet einst
die Abdrücke
meiner flüchtenden Füße
im erstarrten Brei
des Treppenhauses?
(Slov ant Gali)
Ela Lasen
Es juckt, als läge Ela auf einem Ameisenhaufen. Am Rücken ist ihre Kleidung zerfetzt. Ela graust. Sie träumt also nicht, und wenn ihre Sinne so allmählich wiederkommen, dann muss etwas passiert sein. Ein Schlag auf den Kopf, ein Unfall, Sturz, eine OP… Etwas, woran sie sich nicht erinnern kann. Sie begreift noch nicht einmal, womit sie bekleidet ist. Auf jeden Fall schützt sie der hinten offene Anzug nicht vor dieser Schilfwiese. Ja, diese seltsamen Pflanzen ähneln Schilf. Aber was …
Gelandet… Der Wortfetzen drängt sich in ihr Gedächtnis. Sie war in einem Shuttle…
Sie versucht sich zuzureden: Komm, Ela, steh erstmal auf! Sie stöhnt. Die Stängel wachsen dicht an dicht, mehr als einen halben Meter hoch. Ela braucht nur einen anzutippen, schon schießt er Unmengen winziger Samenpfeile auf sie ab. Sofort ist ihr Anzug milchig grün. Am Rücken, an den Händen, am Hals und im Gesicht, überall dort, wo die Haut ungeschützt ist, juckt es unerträglich.
Ela liegt inmitten einer Lichtung. Zur Krönung steht die fremde Sonne gerade im Zenit. Ihre brennend heißen Strahlen unterscheiden sich von denen der irdischen durch einen schwachen Violett-Ton. Dadurch erscheint das gesamte Bild so unwirklich.
Ela ruft sich zur Ordnung: Sieh nicht nach oben! Wieder blinkt ein Erinnerungsfetzen auf: Eigentlich müsste sie einen Schutzanzug anhaben. Der ist Pflicht! Keiner darf ohne nach draußen. Keime, Strahlung…
Warum auch immer: Sie steckt in keinem Schutzanzug.
Die Lichtung ist von Wald umgeben: Bäume, deren Kronen oben ein ineinander verschlungenes Gewirr bilden, dass nicht zu erkennen ist, wann der eine aufhört und der andere anfängt. Unten sind nur nackte Stämme zu sehen, ähnlich wie Ela sie von durch Menschen angepflanzten Kiefern kennt. Ela geht los. Nach der Hälfte des Weges ist die Hose zerfetzt, und ihre Beine brennen wie nach einem Überfall von Mörderbienen. Aber es hilft nichts. Sie überwindet auch den Rest der Strecke und sinkt erschöpft im Schatten nieder. Verunsichert überlegt sie noch immer, was mit ihr sein könnte, ob sie Fieberwahnvorstellungen hat, krank ist … Mehr als ihre heiße Stirn und die allgemeine Schwäche kann sie nicht feststellen. Sie hätte wenigstens eines der Notfallsets gebraucht, das jeder aus der Mannschaft während der Einsätze bei sich trägt.
Mannschaft …? Einsätze …? Notfallset …? Die Zeit, mit der diese Begriffe verknüpft sind, kann nicht lange zurückliegen. Was ist nur geschehen? Ela will sich unbedingt erinnern, aber irgendetwas blockiert ihren Versuch.
Inzwischen ist sie furchtbar müde. Aber die Angst. Ela will unbedingt wach bleiben. Zwar hat sie bisher noch kein einziges Tier gesehen. Aber welches Lebewesen verirrte sich bei dieser Mittagshitze auch auf die ungeschützte Lichtung? Vielleicht gibt es so etwas wie kollektiven Mittagsschlaf. Oder die Tiere kennen einfach das Teufelsgras. Oder alles zusammen. Vielleicht wartet aber schon ein Raubtier im Hinterhalt auf Zeichen der Schwäche seiner künftigen Beute. Auf Elas Schwäche also.
Das Manuskript von Slov ant Gali wird vorab als "Fortsetzungsroman" testweise vorgestellt.
das gewehr
ist nicht schuldig
geschäftsführer
reiben sich
die hände
kugeln
lassen
kassen
klingeln
das gewehr träumt
gut geölt
von staunenden
museumskindern
(Slov ant Gali)
nicht einmal richtig
geschmeckt
haben sie mir
die wohlriechenden trichterlinge
die du wohldosiert
meinem zeitgulasch
endlich tödlich
beigemischt
die nächsten
musst du dir
allein braten
auf meinem trampelpfad
ins dickicht übermorgen
schrecken mich
geschossene stunden
mein gesang wird sie mir
apportieren
Die Tage dorthin
fangen
wohin ihr Altern
mit mir geht
die Jahre fort-
gegangen
im Verweilen
nah
wo seither
deine Brücke
atemlos
verweht
(A. Diehl)